Zusammenfassung

 

Die absolute Zahl der Einbürgerungen und die Einbürgerungsrate sind in Wien – wie in ganz Österreich – in den letzten 20 Jahren auf ein im europäischen Vergleich extrem niedriges Niveau gefallen. Dennoch wächst Wien fast ausschließlich durch Zuwanderung. Daraus ergibt sich ein stark wachsender Anteil an niedergelassener Wohnbevölkerung ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Aus der Perspektive der Migrationsstadt Wien entsteht ein gravierendes Demokratiedefizit, weil derzeit schon mehr als ein Drittel der Wohnbevölkerung vom Wahlrecht ausgeschlossen wird. Dadurch sinkt die Legitimität demokratischer Gesetzgebung, die Vertretung der Interessen der Wohnbevölkerung in der Politik wird systematisch verzerrt und das Land Wien erhält weniger Sitze in National- und Bundesrat als ihm aufgrund seiner Bevölkerungsgröße zustünden.

Einbürgerung wirkt zudem als Katalysator für die soziale Integration der ersten Generation von Migrant*innen und automatischer Erwerb bei Geburt fördert die Integration der zweiten Generation. Durch die hohen gesetzlichen Hürden und die lange Verfahrensdauer bei der Einbürgerung verpufft jedoch die Integrationswirkung des Staatsbürgerschaftserwerbs in Österreich weitgehend.

Eine umfassende Reform des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes sollte vor allem die Aufenthaltsfristen verkürzen, die Einkommenshürden drastisch reduzieren, Doppelstaatsbürgerschaften allgemein akzeptieren und in Österreich geborenen Kindern automatisch die Staatsbürgerschaft geben, wenn ein Elternteil bereits 5 Jahre rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich hat.

Die Wiener Koalitionsregierung hat sich in ihrem Programm verpflichtet, Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen, gegenüber dem Bund für ein integrationsfreundliches Staatsbürgerschaftsgesetz einzutreten und mit einer eigenen Kampagne für die Einbürgerung in Wien zu werben. Mehr Ressourcen in die Aufstockung und Reform der für Einbürgerungen zuständigen MA 35 zu investieren und politischen Druck für eine umfassende Neugestaltung des Staatsbürgerschaftsgesetzes aufzubauen, sind auch die dringendsten Empfehlungen des Wiener Integrationsrats. Eine Einbürgerungskampagne wäre sinnvoll, wenn der Rückstau an Anträgen in der MA 35 erfolgreich bewältigt wurde. Der Integrationsrat schlägt jedoch auch kleinere Reformschritte vor, wie etwa die Auslotung und stärkere Berücksichtigung von verbleibenden Ermessensspielräumen bei der verlangten Vorlage von Dokumenten aus den Herkunftsländern oder dass nicht nur Unionsbürger*innen, sondern auch Drittstaatsangehörige zunächst die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten, bevor sie die bisherige zurücklegen müssen.