1. Anerkennung mitgebrachter Ausbildungen und Qualifikationen

 

Für die erfolgreiche Integration von Migrant*innen am heimischen Arbeitsmarkt ist die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen sowie begonnener und abgeschlossener Ausbildungen zentral. Sie macht es möglich, dass Migrant*innen in ihren erlernten Berufen und entsprechend ihrer tatsächlichen beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten arbeiten. Das nützt nicht nur den Betroffenen, sondern auch der österreichischen Wirtschaft. Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass nur in reglementierten und damit in den wenigsten Berufen in Österreich eine formale Anerkennung mitgebrachter Qualifikationen notwendig und möglich ist.

Der Wiener Integrationsrat (W.I.R) empfiehlt der Stadt Wien daher, in ihrem eigenen Wirkungsbereich bei reglementierten als auch bei nicht reglementierten Berufen durch gesetzgeberische, dienstrechtliche und kollektivvertragliche Regelungen ausländische Ausbildungen und Vordienstzeiten voll anzurechnen und auch entsprechend zu entlohnen. Bei reglementierten Berufen empfehlen wir zudem, die landesgesetzlichen Bestimmungen zu flexibilisieren und die Berufsausübung auch für Personen mit fachverwandter Ausbildung aus dem Ausland zu ermöglichen.[1]

Darüber hinaus ist die Förderung von Nostrifikationen, das heißt der Umwandlung von ausländischen in entsprechende österreichische Zertifikate, und die Unterstützung in Verfahren von zentraler Bedeutung. Wien nimmt hier mit den Angeboten beispielsweise des WAFF (Wiener Arbeitnehmer*innen Förderungsfonds), von Check In Plus und den Anlaufstellen AST Wien des Beratungszentrums für Migrantinnen und Migranten österreichweit eine Vorreiterrolle ein und sollte sein Angebot weiter ausweiten. Insbesondere die Übernahme von Verfahrensgebühren und Kosten für Kurse, Praktika und Prüfungen sollte erweitert und das Angebot an geförderten Fachsprachkursen und Ergänzungsausbildungen ausgebaut werden. Zudem kann auch die Förderung oder Refundierung von Übersetzungskosten (insbesondere für Unionsbürger*innen) die Inanspruchnahme der Anerkennungsmöglichkeiten wesentlich erleichtern. Um die Verfahren selbst zu beschleunigen, empfehlen wir eine Aufstockung des Personals bei gleichzeitigem Abbau der Bürokratie.

Für die Anerkennung und Gleichhaltung von Berufsqualifikationen, Ausbildungen und universitären Abschlüssen sind in Österreich unterschiedlichste Stellen auf Bundes- und Landesebene zuständig. Betroffenen mangelt es oft an verlässlichen Informationen, welche Einrichtungen und Behörden wofür zuständig sind. Empfohlen wird daher die Schaffung neuer und der Ausbau bestehender Stellen, die als Anerkennungslots*innen in allen Fragen zu im Ausland erworbenen Qualifikationen informieren und beraten, in Verfahren begleiten und für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen als verlässliche Erstanlaufstelle fungieren (nach dem Prinzip des „one-stop-shop“). Diese Stellen können auch dort Aufklärung leisten, wo eine formale Anerkennung gar nicht möglich und notwendig ist, wo es aber vielfach Unwissen und Unsicherheit diesbezüglich gibt.

Auf Bundesebene sollte sich Wien für eine Vereinheitlichung der Ankerkennungsverfahren stark machen, sodass außerhalb der EU erworbene Qualifikationen in gleicher Weise anerkannt werden können, wie innerhalb der EU erworbene. Zudem sollte sich Wien auf Bundesebene für die Anerkennung von im Ausland gemachter Berufserfahrung und informell im Job erworbenen Qualifikationen einsetzen. In diesem Zusammenhang begrüßt der Wiener Integrationsrat die geplante Umstellung des Arbeitsmarktservices (AMS), bei der die Jobvermittlung nicht nur entlang der formalisierten Berufe, sondern auch über eine Kompetenzerhebung und -vermittlung der Arbeitsuchenden erfolgen soll (Szigetvari 2023). Das dürfte gerade für zugewanderte, wie auch geflüchtete Menschen positive Effekte bei der Arbeitssuche haben und auch der Dequalifizierung stückweit entgegenwirken. Zur Überbrückung von Wartezeiten sollte zudem vor Abschluss und Anrechnung der Ergänzungsmaßnahmen eine vorläufige Beschäftigung möglich sein, wie dies während der Covid-19-Pandemie in Gesundheitsberufen erfolgreich praktiziert wurde.

Fußnote

 

[1] Als gutes Beispiel kann Salzburg genannt werden, wo der Einsatz als pädagogische Fachkraft im Kindergarten auch mit einer fachverwandten pädagogischen Ausbildung aus dem Ausland möglich ist. Sie dazu: https://www.salzburg.gv.at/themen/bildung/kinder/rechtsthemen/diplomanerkennung-nostrifizierung, letzter Zugriff am 29. November 2023.