Evaluation und Implementation von Maßnahmen im Bildungsbereich
Reformmaßnahmen im superdiversen Schulsystem scheitern oft deswegen, weil sie nicht auf ihre Wirksamkeit geprüft werden und ihre Umsetzung nicht entsprechend geplant und realisiert wird. Gründe dafür sind u.a. Probleme in der Kommunikation und Kooperation zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis. Statt Implementation („making it happen“) gibt es häufig nur Dissemination („letting it happen“). Um eine Maßnahme erfolgreich flächendeckend umzusetzen, braucht es jedoch wissenschaftsgestützte Evaluation und Implementation.
Im ersten Schritt sind die Ziele der Maßnahme festzulegen (idealerweise unter Einbindung der zentralen Stakeholder, wie Kinder und Jugendliche sowie Eltern mit und ohne Migrationsgeschichte) und auch, wie die Zielerreichung geprüft werden kann (= Operationalisierung der relevanten Merkmale). Im nächsten Schritt sollte die Maßnahme an einer kleinen Stichprobe (z.B. von Schulen mit und ohne Superdiversität) auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Dies geschieht am Besten in einem Experiment, bei dem die Maßnahme in einer Gruppe durchgeführt wird (Versuchsgruppe) und eine zweite Gruppe die Kontrollgruppe bildet (d.h. sie erhält keine Maßnahme). Um kausale Aussagen über die Wirkung einer Maßnahme treffen zu können, muss die Zuteilung zu beiden Gruppen zufällig erfolgen. Die für die Zielerreichung relevanten Merkmale werden in beiden Gruppen sowohl vor als auch nach der Maßnahme erhoben. Idealerweise erfolgt auch eine weitere Erhebung im zeitlichen Abstand nach der Maßnahme, um längerfristige Effekte zu prüfen.
Wenn die positive Wirkung der Maßnahme nachgewiesen werden kann (Zielerreichung in der Versuchsgruppe, jedoch nicht in der Kontrollgruppe), sollte eine flächendeckende Umsetzung in der schulischen Praxis erfolgen. Relevante Bedingungen für erfolgreiche Implementierung sind eine differenzierte Information an alle beteiligten Gruppen, die sorgfältige Durchführung der geplanten Prozessschritte von Pilotprojekten bis zur allgemeinen Umsetzung der Maßnahme, die Berücksichtigung von kontextspezifischen Rahmenbedingungen sowie die Berücksichtigung des Vorwissens und der Einstellungen jener Personen, die die Maßnahme umsetzen sollen, z.B. Lehrpersonen. Wenn die Stadt Wien eine flächendeckende erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen im Bereich Bildung und Migration erzielen will, sollte sie daher die Expertise von Evaluations- und Implementationsforschung einbinden.
Wenn man sich die reale Situation im Bildungsbereich ansieht, so wird der ideale Prozess der Schritte von Zieldefinition bis zur nachhaltigen Implementation von Maßnahmen inklusive der Prüfung der Wirksamkeit durch Evaluation, so gut wie nie realisiert, was auch mit Blick auf den hohen zeitlichen Aufwand durchaus nachvollziehbar ist. Vielmehr werden Maßnahmen „rollierend“ umgesetzt. Dennoch ist zu fordern, dass die Ziele der Maßnahme festgelegt und Daten über die Ausgangssituation erhoben werden. Die Implementation der Maßnahme sollte dann unter Einbindung von Expertise aus der Implementationsforschung erfolgen und die Wirksamkeit der Maßnahme durch Evaluation geprüft werden (Vergleich mit der Ausgangssituation). Mit Blick darauf, dass es sich um Steuergelder handelt, muss Transparenz über Prozess und Ergebnisse gewährleistet sein.